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Convenience für die Gastronomie

Convenienceprodukte sind bei Restaurant-Gästen und in der Publikumspresse umstritten, wobei oft Halbwissen und Vorurteile grassieren. Für den Gastronomen steht jedoch die Kosten-Nutzen-Frage im Vordergrund. Was macht Sinn, und welche Arten von Convenience gibt es? Welche Produkte legen zu?
 
Die Gastronomie ist eine eigene Welt: Deshalb stimmen die Trends im Detailhandel nicht unbedingt mit jenen in der Gastronomie überein.
 
Im Detailhandel ist beispielsweise der Clean-Label-Trend (ohne E-Nummern) wichtiger als in der Gastronomie, da der Kunde im Laden bei verpackten Fertiggerichten die Zutatenliste einsehen kann, während er im Offenverkauf im Restaurant nur auf Anfrage Informationen erhält. Und doch, einige Hersteller wie Frisco-Findus und Traitafina stellen auch bei Convenienceprodukten für die Gastronomie auf Clean-Label um und haben damit Erfolg. Gastronomen können dadurch Convenience verwenden, ohne sich Imageprobleme wegen allenfalls verpönten Zusatzstoffen einzuhandeln.
 
Der Begriff Convenience bildet einen Gegensatz zur Frischküche und bedeutet Bequemlichkeit respektive weniger Arbeitsaufwand und damit weniger Kosten.
 
Aber welche Art von vorverarbeiteten Zutaten darf ein reines Frischküche-Restaurant verwenden, und wo beginnt die Bequemlichkeit?
 
Muss der Frischküche-Koch selber Kartoffeln waschen und schälen, Fische filetieren oder Eier kochen? Darf er Tomatenkonzentrat, Teigwaren oder Glace einkaufen? Eine sinnvolle Definition richtet sich nach den Fähigkeiten, die der Koch in seiner Ausbildung lernt: Was er zubereiten könnte, jedoch einkauft, gilt als Convenience. Aber auch die Gästeerwartung je nach Betriebstyp und Gourmetniveau spielt eine Rolle: In einer Pizzeria erwarten die Gäste eine Frischpizza, nicht aber in der Schulmensa.
 
Auch ein Gourmettempel darf Tomatenkonzentrat einkaufen, denn kein normaler Koch kann solches selbst herstellen.
 
Auch wenn es Gourmetköche gibt, die selber Würste, Brot oder Rauchachs herstellen: solche Produkte gelten nicht als Convenience, weil sie keine Rationalisierung darstellen, sondern zur Profilierung der Qualität beitragen.
 
Gesund-Trend
Im Detailhandel ist gesundheitsverbesserte Convenience (weniger Salz, frei von Allergenen oder Transfetten) ein Thema, aber noch kaum in der Gastronomie. Hier gibt es erst wenige vorbildliche Hersteller (…). Ein Trend ist aber im Entstehen: Neue gesetzliche Bestimmungen verpflichten auch den Offenverkauf zu mehr Transparenz bei den wichtigsten allergenen Zutaten. (…)
 
Bio auf dem Vormarsch
Anders bei Bioprodukten, die sowohl im Laden wie auch im Restaurant eine wichtige Rolle spielen. Immer häufiger (…)
 
Tiefkühlprodukte sind Nummer 1
TK-Convenience ist gemäss CCA nach wie vor die stärkste Convenienceart in der Gastronomie.
 
In der Tat: Frosten ist die erfolgreichste moderne Methode der Haltbarmachung. TK-Produkte haben spezifische Vorteile wie die lange Haltbarkeit und wenig Verluste an Aromen sowie Mikronährstoffen. «TK-Gemüse ist oft gleich vitaminreich wie frisches», titelte sogar das Konsummagazin «Saldo» nach einem Test im 2007. Heute herrscht aber ein Wettbewerb zwischen TK- und Kühl-frisch-Convenience, auch wenn letztere noch auf tieferem Niveau zulegen. Gastronomieexpertin Barbara Hohmann Beck hält das Potenzial der kühlfrischen Convenienceprodukte für gross und noch lange nicht ausgeschöpft. Aber diese Produkte haben ihre Hygienerisiken: entscheidend sei die lückenlose Kühlkette. Und TK-Produkte sind meistens problemloser als frische. (…)
 
Umstrittene Convenience Deklaration
Soll und kann ein Restaurant «Hausgemachtes» bzw. «Fertigprodukte» deklarieren?
 
Seit 2007 fordert dies die Stiftung für Konsumentenschutz SKS zwecks Transparenz für die Gäste. Eine Convenience-Deklarationspflicht, wenn sie überhaupt umsetzbar wäre, würde aber ihren Zweck nur zu einem kleinen Teil erfüllen.
 
Natürlich gibt es banale Billig-Convenience, aber generelle Vorurteile gegenüber Convenience sind falsch. Denn es gibt sie in hochstehender und kreativer Form. Sie ist nicht, wie die SKS pauschalisiert, langweiliger oder zweitklassiger als frisch Zubereitetes.
 
Sogar Hanspeter Maurer, früher Testesser-Ausbildner beim Gastroführer «Guide bleu» räumt ein, dass er «Edel-convenience kaum herausschmecken kann, vor allem nicht, wenn sie verfeinert wurde». Und kaum ein Koch ist ein Universalgenie, das jede Komponente professioneller zubereitet als der beste Conveniencehersteller. «Aus der Tüte auf den Teller» ist zwar abgesehen von der Systemgastronomie kein sinnvolles Betriebskonzept.
 
Aber das Fazit der SKS, nur in Kenntnis des Eigenleistungsgrades der Küche könnten die Gäste eine informierte Wahl treffen, ist wohl meistens eine Illusion und kann sogar zu einem in-formierten Irrtum führen. Ausserdem muss der Gast die Eigenleistung der Küche auch in eine Relation zum Preis, zur Angebotsvielfalt und zur Schnelligkeit des Services setzen.
 
Von Dr. G. Böhler
 
Quelle: www.lebensmittelindustrie.com, November 2011